Das Katzenrevier
Funktionen des Katzenreviers
von Marcus Skupin | Welt der Katzen (29.11.2019)
Alle Katzen, gleich ob Exemplare in der Wildnis oder unsere Hauskatzen (zu denen ja auch die Rassekatzen zählen) leben in einem "abgesteckten Territorium", dem Katzenrevier.
Das Territorium von Katzen besteht aus mehreren Bereichen, mit unterschiedlichen Funktionen.
Kerngebiet des Katzenreviers ist der Bereich, den wir Menschen als Wohnung bezeichnen würden. Je nach Katzenart kann dies das engere Gebiet um eine Wohnhöhle, ein Gebüsch oder auch die Wohnung des Katzenhalters sein. In diesem Kerngebiet erholt sich die Katze von ihren Streifzügen, widmet sich der Körperpflege und zieht ihre Jungtiere auf. Das Kerngebiet betrachtet die Katze als ihr Eigentum. Mit Katzen die zur Gruppe oder zum Rudel gehören, wird dieses Kerngebiet geteilt.
An das Kerngebiet schließt sich das erweiterte Kerngebiet an. Dieses besteht aus der näheren Umgebung des eigentlichen Kerngebietes, bei Hauskatzen beispielsweise einem Balkon, einer Terrasse oder dem Garten. Die Katze kennt in diesem Bereich gewiss "jeden Stein", hält hier Ausschau nach Beute oder Konkurrenten oder döst in der Sonne. Bekannte Katzen aus der Nachbarschaft werden im erweiterten Kerngebiet, gelegentlich und kurzzeitig geduldet. Gegen fremde Katzen hingegen werden das Kern- sowie das erweiterte Kerngebiet des Reviers kämpfend verteidigt und Eindringlinge vertrieben, wobei Kater toleranter zu sein scheinen als weibliche Katzen.
Auf das (erweiterte) Kerngebiet des Reviers folgt das Streifgebiet. Dieses Streifgebiet umfasst bei der Hauskatze in vielen Fällen lediglich einen Bereich im Umkreis von etwa 50 Metern um das erweiterte Kerngebiet, teils jedoch auch bis zu 500 Meter. Das Gesamtrevier (Kerngebiet, erweitertes Kerngebiet und Streifgebiet) ist damit bei der Hauskatze im Durchschnitt etwa zwischen 3.500 und 25.000 Quadratmeter groß. Die Reviere weiblicher Katzen sind meist um zwei Drittel kleiner als Katerreviere (unkastriert). Dies, da die Kater auf der Suche nach paarungswilligen Kätzinnen größere Strecken zurücklegen.
Streifgebiete von in unmittelbarer Nachbarschaft lebenden Katzen überschneiden sich häufig. Die Streifgebiete von Weibchen auch mehrfach. Wie oft und wie weit sich die einzelnen Reviere überschneiden, hängt nicht zuletzt von der Populationsdichte der Katzen ab. Innerhalb des Streifgebietes werden Pfade und Verstecke zwar in zeitlichen Abständen aber grundsätzlich von mehreren Tieren genutzt. Das Gebiet wird durch unterschiedliche Markierungen (Kratz-, Harn- und Kotmarken) abgegrenzt, die anderen Katzen als Visitenkarte dienen, trotzdem handelt es sich dabei nicht um starr abgegrenzte Territorien.
Reviergrenzen können sich beispielsweise verschieben, wenn ein Revierinhaber verstirbt (oder mit seinen Menschen umzieht), wenn eine neue Katze in der Nachbarschaft hinzukommt etc.
Optimales Haus-Katzenrevier
Bei der Katzenhaltung, insbesondere (aber nicht nur) bei reiner Wohnungshaltung, ist zu berücksichtigen, dass das größenmäßig beschränkte Katzenrevier bestmögliche, im Idealfall optimale Bedingungen aufweisen soll.
Die Katze muss in ihrem Revier alle essentiellen Bedürfnisse, d.h. Nahrungsaufnahme, Körperpflege, Erholung (Dösen, Schlafen), Aufzucht des Nachwuchses, Jagd und Erkundung (Spiel), sich Lösen, erfüllen können. Vorzugsweise, insbesondere in Haushalten mit mehreren Katzen, sind alle benötigten Ressourcen in solcher Anzahl und an unterschiedlichen Stellen innerhalb des Reviers vorhanden, dass es nicht zu Gedränge und eventuellen Streitereien an Futternapf oder Katzenklo kommen kann. So lassen sich Spannungen und Stress weitestgehend vermeiden.
Dabei kommt es weniger auf die Reviergröße als auf eine sinnvolle, katzengerechte Strukturierung an. Futter- und Wasserschälchen, Katzentoiletten, Ruhe-, Aussichts- und Kratzmöglichkeiten sollten in der Anzahl die Zahl der im Revier (Haushalt) lebenden Katzen jeweils um "eins" (1) überschreiten. Zudem sollten sie auch an verschiedenen Stellen platziert werden, also beispielsweise nicht alle Futterschalen oder Kratzbäume nebeneinander stehen (was zudem auch nicht besonders schön aussieht).
Achte zudem auf eine genügende Anzahl von Versteckplätzen, biete abwechslungsreiche Liegeplätze in unterschiedlichen Höhen an und sorge für Beschäftigungsmöglichkeiten sowie unterschiedliche Gerüche und Texturen.
Für alle Einrichtungsüberlegungen gilt übrigens, dass den Katzen möglichst immer eine Fluchtmöglichkeit offen bleiben muss und sie nicht im ihrem Versteck oder auf dem Kratzbaum "gefangen" sind, falls es doch einmal zu Unstimmigkeiten zwischen den Tieren kommt.
Struktur bietet Sicherheit
Als territorialem Tier steht der Katze ihr Revier quasi über allem. Bekannte Strukturen bieten Sicherheit. Die vorhandenen Strukturen innerhalb ihres Reviers werden von der Katze regelmäßig gekennzeichnet und "kontrolliert".
Die Revier-Kennzeichnung erfolgt hauptsächlich über optische und über chemische Signale. Beide bieten den großen Vorteil, dass die Katze nicht permanent persönlich anwesend sein muss, um anderen Katzen ihre Botschaft zu übermitteln.
Kratzspuren oder Harnmarkierungen am Rande des erweiterten Kerngebietes beispielsweise zeigen fremden Katzen ein besetztes Territorium an und geben zusätzliche Auskunft über den Status des Revierinhabers. Der Katze selbst sagen sie soviel wie "gleich zu Hause...".
Auch innerhalb des Kerngebietes setzt die Katze regelmäßig Duftmarken, indem sie sich an darin befindlichen Gegenständen, Mitkatzen und Mitmenschen reibt und dabei Duftstoffe überträgt. In diesem Falle bedeutet die Information allerdings soviel wie "(das ist) meins". Mit dieser Botschaft richtet sich die Katze also vornehmlich an sich selbst.
Ob innerhalb des Revieres alles seine Ordnung hat, wird von Katzen regelmäßig kontrolliert. Dabei werden eigene Markierungen ggf. erneuert und fremde Botschaften zur Kenntnis genommen und ausgewertet. Wer seine Katze eingehend beobachtet, wird feststellen, dass sie regelmäßig gleiche Strecken abläuft, denn Kontrollgänge im Katzenrevier finden häufig auf "vorbestimmten" Routen statt. Darin unterscheidet sich die Hauskatze nicht von wilden Katzenarten.
Für das Hauskatzenrevier Wohnung bedeutet die Reviertreue der Katze auch, dass große Veränderungen innerhalb dieses Lebensraumes möglichst vermieden werden.
Nun ist es natürlich (aus menschlicher Sicht) gelegentlich erforderlich, ein Möbelstück auszutauschen oder zu tapezieren. Deinen Katzen zur Liebe sollten solche Änderungen jedoch so behutsam wie möglich erfolgen. Gib den Tieren etwas Zeit sich mit Neuerungen anzufreunden, bevor Du ggf. weitere Veränderungen vornimmst.
Skupin, Marcus: Das Katzenrevier, Welt der Katzen, online (2019), Stand: 02.11.2022