Virchow, Rudolf

Herkunft und Geschichte der Hauskatze

von Rudolf Virchow (1821-1902)

Anm.: Der folgende Vortrag des Mediziners Rudolf Virchow wurde (erstmals) im Jahre 1889 in der Zeitschrift für Ethnologie, Bd. 21, veröffentlicht.

Bekanntlich ist die Hauskatze in Europa noch sehr jung. Victor Hehn hat mit bekannter Gelehrsamkeit die Zeugnisse für das erste Auftreten der Hauskatze in Europa gesammelt; er findet die erste Erwähnung derselben, damals schon unter dem Namen Catus, bei Palladius, der gegen Ende des Weströmischen Reiches schrieb.

In der Tat sind Katzenknochen weder in prähistorischen noch in klassischen Trümmerstätten aufgefunden worden. Von wo die Katze eingeführt worden ist, darüber ist nichts ermittelt; außer Ägypten könnte höchstens Indien genannt werden, wenigstens erwähnt Darwin, Mr. Blyth habe ihm mitgeteilt, dass in einer zweitausend Jahre alten Sanskrithandschrift Hauskatzen erwähnt werden.
Leider ist genaueres darüber nicht angegeben und es muß bei der Unsicherheit der alten Terminologie darauf gehalten werden, dass nicht etwa durch blosse Übersetzungsfehler falsche Vorstellungen erweckt werden.
Auch die Angaben der alten griechischen Schriftsteller leiden unter diesem Fehler. Herodot gebraucht den Namen ____ oder ___, der, wie Hehn ganz richtig gezeigt hat, auch auf den Marder oder die Wildkatze bezogen werden kann, gleichwie das lateinische Felis keineswegs mit Sicherheit die Hauskatze bedeutet. Immerhin spricht vieles dafür, dass die Hauskatze im alten Ägypten bekannt war, und wenn dies der Fall wäre, dass sie auch in Ägypten domestiziert worden ist.

Nichtsdestoweniger muß es auf den ersten Blick auffallen, dass ein so nützliches Tier, wenn es schon seit alten Zeiten in Ägypten gezähmt war, in keines der europäischen Kulturländer eingeführt sein sollte, selbst nicht einmal zur Zeit der Römer, die doch so nahe und dauernde Beziehungen mit Ägypten hatten.

Die Nachrichten über die altägyptische Katze hat Wilkinson mit großer Sorgfalt gesammelt.

Noch Strabon (Lib. XVII. cap. I. 40) berichtet, dass alle Ägypter drei Vierfüßler, das Rind, den Hund, und den verehrten, und Cicero (De natura deorum I. 29) bemerkt, dass noch nie jemand habe erzählen hören, dass ein Ägypter eine Katze getötet habe.

Ja, eine solche Tötung war mit Todesstrafe bedroht, und Diodor (I. 83) meldet, dass sogar unter römischer Herrschaft ein Römer, der zufällig eine Katze getötet hatte, vom Volke ermordet wurde.

Einer solchen Verehrung im Leben entsprach die Behandlung nach dem Tode. Herodot (II. 67) gibt an, dass die Leichen der Katzen in heilige Gebäude in der Stadt Bubastis gebracht daselbst einbalsamiert und bestattet wurden.

Da jedoch Katzenmumien in großer Zahl auch an anderen Orten gefunden sind, z.B. in dem Felsentempel von Scheichhassan und in Theben (heute Luxor), so hat Wilkinson gemeint, die Angabe des Herodot habe sich nur auf die in der Nähe von Bubastis gestorbenen oder auf die von ihren Besitzern besonders geschätzten Tiere bezogen. Die Tatsache, dass Katzenmumien auch an anderen Orten gefunden werden, mildert er durch die Erwägung, dass die Göttin Bast auch in Theben und an anderen Orten verehrt wurde.
Mag also auch die Mitteilung des alten Geschichtsschreibers eine zu einseitige gewesen sein, immerhin darf daran festgehalten werden, dass Bubastis ein, wenigstens für Unterägypten, weithin gesuchter Ort zur Beisetzung toter Katzen war. Es hing dies offenbar damit zusammen, dass Bubastis den Haupttempel der Göttin Bast enthielt, welche mit einem Katzenkopf dargestellt wurde; Herodot identifizierte sie mit der griechischen Artemis. er beschreibt ausführlich den Tempel und die Feste, welche weither die Bevölkerung zusammenführten.
Man fuhr dahin auf Booten, da die Stadt an dem ehemaligen Tanitischen arme des Nils, nahe dem Lande Gosen gelegen war. Sie reicht bis in die Anfänge der ägyptischen Geschichte zurück, denn Pibast (bei Ezechiel: Pibeseth) wird schon im Beginn der II. Dynastie erwähnt, und die XXII. Dynastie (zehntes bis achtes Jahrhundert) verlegte dahin sogar den Königssitz. Aber schon Ramses II. (Sesostris) war genötigt gewesen, wegen der, infolge der Erhöhung des Nilbettes stets steigenden Überschwemmung des Landes, den Boden der Städte im Delta zu erhöhen, und der äthiopische König Sabako (XXV. Dynastie) hatte eine neue Erhöhung vornehmen müssen.

Nirgends erreichte dieselbe (Herodot II. 137) eine größere Höhe als in Bubastis, dessen Tempel inmitten der Stadt lag. Aber der Tempel und alle Herrlichkeit mit ihm zerfielen im Laufe der Zeit, und nichts war von ihm übrig geblieben, als der aufgeschüttete Erdwall mit massenhaften Trümmerhaufen und die schwache Erinnerung des Volkes, welches den aus der Deltaebene hervorragenden Schutthügel in der Nähe des heutigen Zagazig, der Hauptstadt des Scherkiye, noch immer Tell Basta nannte. Und von diesem Schutthügel wusste man schon lange, dass man darin katzenköpfige Figürchen zu Tausenden ausgrub.

"Die Katzen von Bubastis und die Löwen von Tell es-Seba füllen unsere Museen", sagt Maspero.

"Die Katze wurde erschaffen, um die Annahme zu widerlegen, dass alles dazu da sei, dem Menschen untertan zu sein."

Der Gepard

Gepard

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© Marcus Skupin

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Marcus Skupin

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