Heilungszauber

Der Heilungszauber soll Erkrankungen und Gebrechen bessern und verschwinden lassen.

Gegen Verrenkung (beim Pferd)

Phôl ende Wuodan fuorun zi holza.
dû wart demo balderes folon sîn fuoz birenkit.
thû biguol en Sinthgunt, Sunna era swister;
thû biguol en Frîja, Folla era swister;
thû biguol en Wuodan, sô hê wola conda:
sôse bênrenki, sôse bluotrenki,
sôse lidirenki:
bên zi bêna, bluot zi bluoda,
lid zi geliden, sôse gelîmida sîn.

Phol und Wotan ritten in das Gehölz.
Da wurde dem Balders-Fohlen sein Fuß verrenkt.
Da besprach ihn Sinthgunt und Sunna, ihre Schwester,
da besprach ihn Frija und Volla, ihre Schwester,
da besprach ihn Wotan, der es wohl verstand:
Wie Beinverrenkung, so Blutverrenkung,
so Gliederverrenkung:
Bein zu Bein, Blut zu Blut,
Glied zu Gliedern, wie geleimt sollen sie sein.

2. Merseburger Zauberspruch in althochdeutscher Sprache,
Heilung einer Knochenverletzung des Pferdes

Eine Aufrichtende bist Du, Rohani
die Aufrichtende des gespaltenen Knochens,
lass auch dies hier wachsen, o Arundhatî!

Was Dir versehrter, was Dir versengter
Knochen oder Fleisch ist an Deinem Selbst,
das soll Dhatr heilbringend wieder
zusammensetzen, mit dem Gelenk das Gelenk.

Zusammen werde Dir Mark mit Mark,
und zusammen Dir mit Gelenk das Gelenk,
zusammen wachse Dir das Auseinandergefallene des Fleisches,
zusammen wachse der Knochen zu!

Mark werde mit Mark zusammengefügt,
mit Fell wachse Fell,
Blut und Knochen wachse Dir,
Fleisch wachse mit Fleisch!

Haar füge zusammen mit Haar,
mit Haut füge zusammen Haut,
Blut, Knochen wachse Dir,
das Zerspaltene mache zusammen, o Kraut!

So steh auf, geh los, lauf fort, ein Streitwagen mit guten Rädern, mit guten Radschienen, mit guten Naben, nimm aufrecht festen Stand ein!

Ob er es sich durch den Sturz in eine Grube gebrochen hat,
oder ob ein geschleuderter Stein es ihm zerschmettert hat,
wie Rbhu die Teile des Streitwagens,
so soll er zusammensetzen mit dem Glied das Glied.

Anrufung der Heilkräfte Arundhatis (einer Pflanze) in einer altindischen Überlieferung (im Original in Sanskrit)

Jesus reed sig til hede,
da reed han sonder sit folebeen.
Jesus stigede af og lagde det:
Jesus lagde marv i marv,
been i been, kjod i kjod,
Jesus lagde de pa et blad,
at de skulde blive i samme stad.

Norwegischer Spruch [1]

Jesus ritt zur Heide,
dann ritt er ohne das volle Bein.
Jesus stieg ab und schaffte es:
Jesus machte Mark im Mark,
Bein in Bein, Fleisch in Fleisch,
Jesus machte darauf ein Blatt,
dass die Schulter blieb zusammen stehn.

Jeg red mig engang igjennem et Led,
Saa fik min sorte Fole Vred;
Saa atte jeg Kjod mog Kjod og Blod mog Blod
Saa blev min sorte Fole god.

Dänischer Spruch [1]

Weitere drei Sprüche gegen Verrenkungen und Verletzungen des Pferdes [1].

1.

Jesus ging dahin zur Kirche
mit dem Rothross, mit dem Rappen,
mit dem langschwarz mohrenköpf'gen,
mit dem fischfarb mausefahlen.
Da verrenkte das Pferd den Fuss:
"Hier ist ein Gelenk verrenket,
hier die Sehn' übergesprungen,
hier ein Sprungbein ausgestemmet,
Geh' Gelenk an Gelenk hinwieder,
gehe Sehn' an Sehn' hinwieder,
gehe Sprung an Sprung hinwieder,
gehe Bein an Bein hinwieder,
gehe Fleisch an Fleisch hinwieder:
streiche Nass darauf Maria!"

Vater unser ...

2.

Jesus war ein Kirchengänger
mit der Schecke, mit dem Schimmel,
durch des Schlammes schwarzen Moder.
Nicht zu wünschen wusste Sophia;
nieder mit dem Rad Maria:
"Haut zusammen, Fleisch zusammen,
Glieder zusammen, Fugen zusammen!"
Da knickte, da knackt' es.
Hülfe Kehl', hülfe Seel',
liebe Hülfe her vom Herrn!
Hilf Maria!
Weichet hinweg ihr Feind' und Gegner!

Vater unser ...

3.

Bein du, an des Beines Stelle,
näher du Gelenk, Gelenke,
Blut du, an des Blutes Stelle,
Sehne an der Sehne stelle.

[1] mit Hinweis auf Kreutzwald und Neus in den mythischen und magischen Liedern der Ehsten (Petersburg 1854)

Wurmsegen

Gang ut, nesso, mid nigun nessiklinon,
ut fana themo marge an that ben,
fan themo bene an that flesg,
ut fan themo flesge a thia hud,
ut fan thera hud an thesa strala!
Drohtin, vethe so!

Geh weg, Nesso, mit neun Nesslein,
weg von dem Marke an den Knochen,
von dem Knochen an das Fleisch,
weg von dem Fleisch an die Haut,
weg von der Haut, in diesen Pfeil!
Herr es werde so!

Wurmsegen in altsächsischer Sprache (ältester deutscher Zauberspruch)

Gegen den "Anflug" beim Pferd

Oden står på berget,
han spørger efter sin fole,
floget har han fatt.
Spotta i din hand och i haus mun,
han skal fa bot i samma stund.

Schwedischer Spruch gegen die "flag" (Anflug) [1]

Odin steht auf dem Felsen
er fragt nach seinem Fohlen,
er hat die Fliege gefangen.
Spucke in deine Hand und in den Eingang des Hauses,
gleichzeitig soll es geheilt werden.

Übertragung auf Bäume

Übertragung einer Krankheit auf einen Baum, hier den Sprössling einer gefällten Eiche:

Ekenhessen, i klag Di,
All de riten Gicht de plagt
Ik kann daer nich faer gaen,
Du kannst damit bestaen.
Den ersten Vogel, der iäwer Di flügt,
Den gif dat mit in de Flucht,
De näem dat mit in de Lucht“. [2]

Oder auf einen Holunder:

„Goden Abend Herr Fleder! Hier bring ich min Feber“ [2]

Übertragung von Warzen auf eine Esche:

„Ashen tree, Ashen tree, pray buy these warts of me“ [2]

Quellen

[1] Kuhn, Adalbert: Indische und germanische Segenssprüche in Kuhn, A. (Hrsg.) Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung, Band XIII S. 49, Ferdinand Dümmers Verlagsbuchhandlung, Berlin, 1864
[2] Brie, Marie: Der germanische, insbesondere der englische Zauberspruch, Mitteilungen der schlesischen Gesellschaft f. Völkerkunde, Heft XVI

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