10. Sippe: Frettkatzen (Cryptoprocta)

Pollens und Schlegels Untersuchungen ergaben, daß ein bisher unter dem Namen Beutelfrett in der Familie der Schleichkatzen eingereihtes Thier zu den Katzen zählt, aber als ein Bindeglied zwischen diesen und den Schleichkatzen angesehen werden darf. Bennet, der erste Beschreiber, hatte allerdings nur ein junges Beutelfrett für seine Untersuchungen zu seiner Verfügung, und mag es möglich sein, daß solches zur Feststellung der Familienangehörigkeit nicht ausreicht, während Pollen von einem alten Männchen sagen konnte, daß das Thier zwar eine abweichende, aber doch nichts anderes als eine Katze ist, welche hinsichtlich der Gestalt zunächst an den Yaguarundi, hinsichtlich der Färbung an den Puma sich anschließt.

Von den Katzen hat die Fossa den Gesammtbau, den Gesichtsausdruck, die ziemlich weit zurückziehbaren Krallen und den Zahnbau, von den Schleichkatzen die gestreckte Gestalt, die niedrigen Beine, die kurzen, eiförmig gestalteten Ohren, die langen Schnurren, eine merklich entwickelte Drüsentasche in der Aftergegend, die nackten Sohlen und andere Merkmale. Der Schädel ist gestreckter und minder breit als der der Katzen, der Unterkiefer weniger kräftig, der Raum zwischen Reiß-und Backenzähnen im Oberkiefer wie der erste Backenzahn größer als bei den Katzen; auch sind im Unterkiefer anstatt drei vier Backenzähne vorhanden. Im übrigen bietet das Gebiß keine merklichen Unterschiede mit dem anderer Katzen.

Fossa (Cryptoprocta ferox)

Fossa

Fossa

aus Brehms Thierleben, 1884

Die Fossa der Malgaschen oder Frettkatze, wie wir sie nennen können (Cryptoprocta ferox), erreicht eine Gesammtlänge von 1,5 Meter, wovon der Schwanz 68 Centim. wegnimmt, ist aber sehr niedrig gestellt, da die Beine nur 15 Centim. Höhe haben. Der aus kurzen, aber dichtstehenden, etwas derben, auf dem Kopfe und an den Füßen wie abgeschoren erscheinenden Haaren bestehende Pelz hat röthlichgelbe Färbung, dunkelt aber auf der Oberseite, weil hier die einzelnen Haare braun und blaßgelb geringelt sind; die Ohren tragen innen und außen hellere Haare; die Schnurren sind theils schwarz, theils weiß gefärbt; der Augenstern, welcher graugrünlichgelb aussieht, ähnelt dem der Hauskatze.

Das Vaterland der Frettkatze ist die Insel Madagaskar. Man kennt sie hier allgemein, fürchtet sie in geradezu lächerlicher Weise, bezichtigt sie, sogar den Menschen anzugreifen, und erzählt eine Menge von Fabeln, in denen sie eine bedeutende Rolle spielt. Ueber ihr Freileben fehlt uns genügende Kunde; denn kein Europäer hat sie bis jetzt genau beobachtet und auch Pollen hauptsächlich Erzählungen der Eingeborenen wiedergegeben. Nach Angabe der Malgaschen lebt die Fossa außer der Paarzeit einzeln in den Waldungen, besucht, um Hühner zu stehlen, fleißig die Gehöfte, und zeichnet sich durch ebenso viel Kraft wie Blutgier aus. Für gewöhnlich auf dem Boden lebend, soll sie doch zuweilen den Halbaffen auf die Bäume nachsteigen und sie hier eifrig verfolgen, weil sie das Fleisch dieser Thiere besonders gern frißt. Während der Paarungszeit, welche die Malgaschen Volamposa, zu deutsch etwa Fossamond, nennen, soll man vier bis acht Frettkatzen zusammen antreffen, welche dann, nach der zu den entschiedensten Zweifeln herausfordernden Behauptung der Eingeborenen, ohne weiteres Menschen angreifen. Das sich zusammengefundene Paar begattet sich nach Art der Hunde, und bleibt geraume Zeit auf das innigste vereinigt. Außerdem sagt man, daß die Fossa durch Kratzen mit den Füßen die Feuer verlösche, daß sie, um Hühner zu rauben, rings um die Hühnerställe einen höllischen Gestank verbreite, welcher die Hühner umbringe, und dergleichen mehr. Ein gefährlicher Hühnerräuber ist sie jedenfalls; denn das von Pollen getödtete Männchen, ein Mörder ersten Ranges , hatte in kurzer Frist einen Truthahn, drei Gänse und etwa zwanzig Hühner weggeschleppt. Nach Versicherung des betrübten Eigenthümers von besagtem Federvieh soll die Fossa nicht einmal mit derartiger Beute sich begnügen, sondern unter Umständen auch junge Schweine und andere Hausthiere überfallen und morden. Kein Wunder daher, daß sie von den Malgaschen ingrimmig gehaßt und möglichst ausgerottet und selbst vor dem Tode gequält wird. Die Jagd ist nicht besonders schwierig. Pollen wurde, als er einigen malgaschischen Jägern seine Absicht, eine Fossa zu erlegen, kund gegeben hatte, von diesen vor Aufgang des Mondes nach einem Dickichte in der Nähe des kurz vorher beraubten Dorfes geführt, und die Fossa mit Hülfe eines Hahnes, welchen man durch Anziehen einer ihm an das Bein gebundenen Schnur zum Krähen oder durch Gackern zu bewegen wußte, aus seinem Verstecke herbeigelockt.

Nach Verlauf einer halben Stunde, welche der Hahn durch sein Geschrei ausfüllte, vernahm man von fern ein Knurren nach Art des Hundes, und sah bald darauf zwei Schattengestalten durch das Gras huschen oder gleiten. Etwas näher gekommen, blieben die Raubthiere unbeweglich stehen, um zu sichern, so daß sich Pollen entschließen mußte, seinerseits an sie heranzuschleichen, um zu Schusse zu kommen.
Von der lächerlichen Furcht der Malgaschen vor der Fossa erzählt unser Gewährsmann eine ergötzliche Geschichte. Zudse, der eingeborene Jäger Pollens, begegnet einer Fossa, welche bei seinem Erscheinen ihre Ueberraschung fauchend zu erkennen gibt. Anstatt dem gehaßten Feinde entgegenzurücken, wirft der muthlose Schütze, am ganzen Leibe zitternd, sein Gewehr weg, erklettert einen Baum und verweilt in dem sicheren Gezweige, bis die Frettkatze im nächsten Gebüsche verschwunden ist.
Das Fleisch der Fossa wird von den Eingeborenen gegessen und wegen seiner Schmackhaftigkeit besonders geschätzt.

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